Wenn ich zusehe, wie sich ein Tier bewegt – ein wildes Tier oder die Katze von nebenan – dann berührt mich jede einzelne Bewegung. Es scheint, als kämen sie aus dem Innersten des Lebewesens. Da sind keine Überlegungen und durchdachten Abläufe, keine sportliche Disziplin – und jede Bewegung ist in sich wunderschön.

Die Katze denkt nicht nach, bevor sie abspringt: Welche geometrische Position muss mein Körper im Raum einnehmen, um einen guten Sprung zu machen? Sie denkt nicht einmal daran, dass sie gut springen möchte. Sie macht den Sprung aus ihrem Inneren, aus ihrem Wesen heraus. Ohne Gedanken.

So ähnlich, wie bei uns. Zum Beispiel beim Yoga mit all diesen Stellungen und Folgen. Die sind natürlich wichtig, was würden wir ohne sie machen? Aber ich glaube, das Wichtigste ist, den Kopf leer zu machen, mit voller Aufmerksamkeit wieder in unserem Zentrum anzukommen und unser Inneres zu spüren.

Es ist toll, die Finger und Fußzehen zu spüren. Die Haare auf dem Kopf und vielleicht sogar Leber und Lunge. Doch wenn unsere Aufmerksamkeit tatsächlich in der Mitte ankommt, dann antwortet unser ganzer Körper mit größter Dankbarkeit. Er entspannt und öffnet sich, lässt Barrieren fallen, beginnt zu lächeln und es ist, als würde er gleich tanzen: Den uralten und aus frühester Kindheit gut bekannten Tanz mit dem Raum. Spüre deine Mitte, mit deinem ganzen Wesen und deinem ganzen Körper und die Intuition übernimmt die Führung über all deine Bewegungen!

Wir verlieren oft dieses Gespür für die Mitte. Wir spüren alles einzeln für sich: Beine, Füße, Kopf und Gedanken. Wir sind gewohnt, alles in seinen Einzelteilen zu betrachten: Das ist hier, das andere da. Wenn wir auf der Matte stehen, konzentrieren wir uns auf die Arme, die Beine, den Hals, den Kopf, auf Mula Bandha oder die Fußsohlen. Auf jeden Teil für sich. Doch wir müssen nur die Aufmerksamkeit auf die Mitte lenken und schon sind Worte und Gedanken gar nicht mehr nötig. Alles ist von selbst klar zu erkennen, mit einer Empfindung von Liebe und Dankbarkeit.

Nicht nur der Körper empfindet sein Ganzsein. Auch zwischen dem Körper und dem Raum, der ihn umgibt, spüren wir eine untrennbare Einheit. Und ganz von selbst, wann immer es dafür an der Zeit ist, entstehen Bandhas, Mudras, Asanas – immer dasjenige, was der Körper in diesem Augenblick sucht.

Die Yogapraxis verwandelt sich in andauerndes Wohlbefinden. Notwendigkeit und Mühe lösen sich auf und wir beginnen, zu spielen. Das ist das „Lebens-Spiel“. Energie spielt mit sich selbst, zieht sich zusammen und dehnt sich wieder aus, springt oder ruht im Gleichgewicht, rollt sich ganz eng zusammen oder spannt sich soweit auf, wie es nur möglich ist.

All das entspringt aus der Mitte. Mögen es auch nur zwei einfache, kleine Bewegungen sein. Wenn sie aus der Mitte kommen, dann liegen Freude, Leichtigkeit und eine tiefe Ruhe darin. Die haben ihren Ursprung in einem einfachen Gefühl, das den ganzen Körper durchdringt: Die Liebe zum Leben.

Viel Erfolg in deiner Yoga-Praxis!
Elena